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Jede Krise bringt auch Chancen mit sich. Für den Weg aus und die Zeit nach der Krise ist es daher umso bedeutender, diese Chancen zu erkennen und zu nutzen. Beim Expertendialog unter dem Motto „Never waste a crisis“ behandelte eine Gruppe engagierter Vertreter*innen aus Wirtschaft, Bildung und Politik diese Thematik.
Eine „Kultur des Scheiterns“ ist hierzulande weit weniger etabliert als anderswo. In den USA werden Krisen und Pleiten als Teil des unternehmerischen Lern- und Entwicklungsprozesses gesehen, im Chinesischen besteht das Schriftzeichen für „Krise“ aus zwei Teilen, die Gefahr und Chance bedeuten. Die Corona-Pandemie und der damit verbundene Lockdown haben eindrucksvoll gezeigt, dass auch die heimische Wirtschaft lernen muss, mit gravierenden Problemen zu leben und diese zu meistern.
In den Herausforderungen, die mit der nach wie vor omnipräsenten Krise einhergehen, stecken jedoch auch Chancen und Möglichkeiten, die es nun zu nutzen gilt. Man betrachte nur das steigende Bewusstsein der Bevölkerung für Regionalität und das starke Bekenntnis zur eigenen Region und ihrer Wirtschaft: Der Erfolg der von WKO-Bezirksstellen gemeinsam initiierten Plattform www.lieferserviceregional.at ist ein gutes Beispiel für diesen Trend, aber auch dafür, wie eine Region selbst zu ihrem wirtschaftlichen Erfolg beitragen kann.
Die Frage, die sich nun also stellt, ist: Was kann eine Region tun, um gestärkt aus der Krise herauszugehen? Wenn man dazu andere erfolgreiche Gebiete in Österreich betrachtet, fällt eines auf: Was zählt, ist die Positionierung. Die niederösterreichische Wachau beispielsweise ist weit über ihre Grenzen hinaus für ihren Wein und ihre Marillen berühmt, das Marchfeld für sein Gemüse, die Steiermark für ihre Kürbisse. Positionierungen stärken diese Regionen jedoch nicht nur in den speziellen Bereichen, sondern ganzheitlich – so fällt interessanterweise ein großer Teil der Unternehmen im Bezirk Melk, der ebenfalls zur Wachau zählt, in die Sparte Information und Consulting.
Um eine solche Positionierung zu finden, muss sich die Region allerdings erst einmal selbst erkennen. Eine Region, was ist das eigentlich? Ein Land, ein Bundesland, das Mühlviertel, der Bezirk Rohrbach? Die Definition einer Region spricht von Gemeinsamkeiten – geographischer, topographischer oder klimatischer Natur –, die dem Gebiet Charakter und damit eine gewisse Stärke geben. Wofür steht nur also unsere Region? Das Potenzial ist riesig, es muss aber auch gezeigt werden, dass sie für mehr als Landwirtschaft und Tourismus steht.
Diese Überlegungen bildeten den Einstieg und gleichzeitig einen Impuls für den Expertendialog und die Gruppendiskussion mit Friedrich Agfalterer, WKO-Rohrbach-Bezirksstellenleiter Mag. Klaus Grad, HTL-Neufelden-Direktor Mag. Walter Jungwirth, und Klaus Madlmair, Projektmanager bei Business Upper Austria. Geladen hatten dazu die Wirtschaftskammer Rohrbach, die HTL Neufelden und die Oö. Standortagentur Business Upper Austria. Im Zuge des informativen Abends taten sich weitere zentrale Fragen für die Wirtschaft ob der Enns auf:
„Der Wettbewerb im digitalen Zeitalter lautet nicht mehr Mühlviertel gegen den Zentralraum, sondern Neufelden gegen Rio“, betonte Dr. Johann Lefenda, Leiter der Oö. Zukunftsakademie im Amt der Oö. Landesregierung. Zusätzlich zeigte er im Zusammenhang damit Megatrends auf, die von exogenen Schocks fast unbeeindruckt blieben.
Neufelden war deshalb ein Thema, weil dort nach der Vision des Unternehmers Friedrich Agfalterer von der gleichnamigen Tischlerei mit dem „Dynacenter“ ein Businesspark entstehen soll, der Wirtschaft, Kultur, medizinische Versorgung und Gesellschaftsleben unter einem Dach vereint: „Im Business Center soll mit moderner Ausstattung und offenen Gemeinschaftsbereichen ein neuer Ort zum Arbeiten und Vernetzen entstehen. Durch angedachte Dienstleistungen wie die private Paket- oder Briefannahme und die Bereitstellung von frischem Essen möchten wir mit dem Dynacenter ein ‚Almost Home-Office‘ schaffen.“
Der Unternehmer strich die positiven Effekte des Projekts für die Region hervor: Für das Dynacenter würde eine bestehende leerstehende Gewerbeimmobilie revitalisiert, in der junge Unternehmer*innen eine für ein erfolgreiches Business so wichtige Infrastruktur vorfinden würden. Außerdem könnten dadurch Fachkräfte in der Region gehalten werden, schließlich sind vor allem für die jüngeren Generationen „hard facts“ wie Bildungs- und Arbeitsplatzangebot für die Auswahl des Lebensmittelpunkts genauso relevant wie „soft facts“, wie z.B. die Möglichkeit, Mitglied in sozialen Gruppen zu sein, oder das Ansehen ihrer Arbeitgeber. Eine weitere Erkenntnis: Frauen und Männer gewichten Arbeitsplatzfaktoren unterschiedlich. Insbesondere gut ausgebildete Frauen finden in Ballungsräumen eher, was sie suchen: eine breitere Auswahl an qualifizierten Arbeitsplätzen, flexible Dienstzeiten, attraktiven Wohnraum. Hier bestehen noch Potenziale in der Region.
Eine weitere Maßnahme gegen die Abwanderung von Fachkräften ist die frühzeitige Kooperation mit Bildungseinrichtungen, um Absolvent*innen ehestmöglich einen Vorgeschmack auf die beruflichen Möglichkeiten in der Region zu ermöglichen. Die Vernetzung von Handwerk, Technologie, Schule und Wirtschaft ist bereits bestens etabliert, wie die Ausstellung der Diplomarbeiten aus dem abgelaufenen Schuljahr in der HTL Neufelden deutlich zeigt. Direktor Walter Jungwirth setzt sich und seiner Bildungseinrichtung hohe Ziele: eine weitere Öffnung, stärkere Zusammenarbeit auch mit dem tertiären Sektor und Möglichkeiten für Absolvent*innen, in die Region zurückzukehren.
Der Lockdown im Frühjahr 2020 hat notgedrungene Änderungen unserer Arbeitsrealität mit sich gebracht. Manche davon werden uns erhalten bleiben, wie beispielsweise dezentrales Arbeiten. Die Auswirkungen auf die regionalen Arbeitgeber sind noch nicht abzuschätzen. Das macht es umso wichtiger, Potenziale zu erkennen und Strategien zu erarbeiten, um die sich bietenden Chancen auch bestmöglich zu nutzen und gestärkt aus der Krise hervorzugehen.
Titelbild: © Isabella Hewlett
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